Frühschicht auf den Schienen: Mit der Kamera unterwegs für die Bahnen in NRW.

Ich bin Nadja und wirklich keine Langschläferin, aber so früh wie heute bin ich selten wach – eigentlich nie.

Es ist Anfang Dezember, gerade einmal 5 Uhr. Wir stehen am Gleis 5 des Bielefelder Hauptbahnhofs, Kaffee dampft aus der Thermoskanne, malt weißen Rauch auf schwarzen Morgen. Es ist kalt, aber Tims Lachen steckt an und macht wach – und wegen Tim, unserem Nachwuchslokführer, bin ich heute überhaupt hier: Schon einmal durfte ich ihn im Rahmen der Employer-Branding-Kampagne der Bahnen in NRW mit einem Kamera-Team begleiten. Damals stand er noch ganz am Anfang seiner Ausbildung – heute nimmt er mich bei seiner Fahrpraxis mit. Einmal quer durch NRW.

Ob ich nicht lieber ausgeschlafen hätte, fragt er mich, als er mich sieht.
Ob es ihm nicht genauso geht, entgegne ich.
Wir lachen. Trinken noch mehr Kaffee. Und legen los.

Ein Tag für zwei Minuten.

Die Kameras ausgepackt, Go-Pros montiert und den Ablaufplan im Blick starten wir mit dem RE 15 Richtung Münster. Müde können wir morgen sein, jetzt brauchen wir volle Aufmerksamkeit: Tim für die Signale auf der Strecke, ich für kleine Momentaufnahmen seiner routinierten Handgriffe. Denn anders als bei gescripteten Aufnahmen im Filmstudio habe ich heute nur eine Chance, die kleinen Situationen in Tims Alltag als angehender Lokführer festzuhalten. Hier gibt es keine abgestimmten Kulissen mit perfekter Beleuchtung oder auswendig gelernte Textpassagen. Schon vorher muss in meinem Kopf die fertige Geschichte stehen, damit ich Schnipsel für Schnipsel einen roten Faden knüpfen kann.

Und Zeit für Langeweile bleibt dabei nicht: Einpacken, aussteigen, umsteigen. Zugwechsel, Treppensprint, Schrankenstopp. Spätestens jetzt weiß ich: Zum Lokführerberuf zählt viel mehr, als nur einen Hebel umzulegen. Genauso, wie es auch für ein gutes Video nicht reicht, einfach nur auf Aufnahme zu drücken. Wir schreiben Storyboards, planen, organisieren und setzen um – für zwei Minuten Video können so durchaus mehrere Drehtage anfallen, die Vor- und Nachbereitung noch nicht einbezogen.

Buchstaben auf Papier.

Als wir irgendwann gegen Mittag wieder mit Tim den Hauptbahnhof Bielefeld erreichen, sind die Speicherkarten randvoll. Aber nicht nur das: Ich habe selbst unwahrscheinlich viel über den Beruf gelernt. Konzepte der Employer-Branding-Kampagne bleiben keine Buchstaben auf Papier – sie werden Bilder und Menschen mit Geschichten.

Noch zwei weitere Male begleite ich Tim auf seinem Weg zum Lokführer für unsere Reportage über seinen Quereinstieg, und als er seinen Arbeitsvertrag unterschreibt, ist das irgendwie auch ein besonderer Tag für mich.

Ein kleiner #bestdayever, ein Lieblingstag.

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